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PVPP – Bitte nicht bitter

Wieso mit PVPP schönen?

Divergan F® ist ein quervernetztes Polyvinylpolypyrrolidon und reduziert spezifisch phenolische Verbindungen, bevorzugt flavanoide Polyphenole.
Wenn Flavanoide im Wein verbleiben, können diese durch Oxidation zu unerwünschten Bitterstoffen polymerisieren. PVPP führt zur Aufhellung der Farbe und kann Weine glatter und geschmeidiger wirken lassen. Überschönte Weine wirken dagegen ausgezogen und dünn. Die Anwendung ist präventiv wie auch kurativ möglich.


Wieso mit PVI/PVP schönen?

Divergan HM® ist ein spezielles Popcorn-Polymer (Polyvinylimidazol-Polyvinylpolypyrrolidon-Copolymere) und reduziert Kupfer, Eisen, Aluminium, Nickel, Zink, Blei, Chrom, Arsen, Mangan sowie Cadmium in Most und Wein. Es ersetzt die seit über 90 Jahren angewendete Blauschönung mit Kaliumhexacyanoferrat. Das Verhältnis zwischen Kupfer- und Eisenionen spielt hierbei keine Rolle mehr.


Wie wende ich das PVPP im Most und Wein an?

Wenn möglich im geklärten oder filtrierten Most oder Jungwein anwenden.
10% Suspension mit Most/Wein oder Wasser herstellen.
Während 1 bis 2 Stunden quellen, damit sich die Wirksamkeit erhöht.
Wird das Trockenpulver direkt zugegeben: mindestens während 30 Minuten Kontaktzeit im Most oder Wein wirken lassen.
Nach wenigen Stunden den Most ab dem Trub abziehen oder abflottieren.
Nach spätestens 1 bis 8 Tagen den Wein vom Trub abziehen.


Wie wende ich das PVI/PVP im Most und Wein an?

Kupfergehalt analysieren lassen.
Wenn möglich im geklärten oder filtrierten Most oder Jungwein anwenden.
Die abgewogene Menge in der 10-fachen Menge Wasser während 20 Minuten quellen lassen.
Suspension in den Most oder Wein einrühren und gut verteilen.
Nach 30 Minuten und nach 60 Minuten nochmals aufrühren.
Nach drei Stunden ist die Reaktion abgeschlossen.
Spätestens nach zwei Tagen durch eine Schichtenfiltration abfiltrieren.
Nochmals den Kupfergehalt analysieren lassen.
 

Welches sind die Aufwandmengen?

PVPP
Je gesünder und reifer das Lesegut ist, desto weniger PVPP braucht es.

Praxisbeispiel aus einem Labor:
Gemessene 50 mg/l flavanoide Phenole (sehr hoher Wert) konnten mit 80 g/hl PVPP auf 8 bis 10 mg/l runter geschönt werden.
Die Anwendung im Wein lässt sich sehr gut durch Vorversuche abklären. Die Analyse der flavanoide Phenole ist ratsam.
max. zulässige Menge PVPP: 80 g/hl

PVI/PVP
Anwendungsbeispiel Weisswein:
Der Kupfergehalt von 1 mg/l wurde durch die Zugabe von 50 g/hl Divergan HM auf 0.26 mg/l reduziert.
max. zulässige Menge PVI/PVP: 50 g/hl
 

Was ist zu beachten?

Schönungen wirken über 10° C.
Schönungen im Wein sind ein delikates Unterfangen. Der Sauerstoffeintrag während der Behandlung ist nicht zu unterschätzen. Ebenso der Aromaaustrag durch turbulente Oberflächen. Es ist ratsam Rührwerke und Pumpen frequenzgesteuert zu betreiben.
Beim Umgang mit PVPP und PVI/PVP auf den persönlichen Schutz achten und eine Staubmaske sowie eine Schutzbrille tragen.
Vermeiden lässt sich eine Überschönung von Jungweinen mit PVPP durch Schönungsvorproben und genauer durch die analytische Erfassung der Flavanoide.
PVPP und PVI/PVP verblocken irreversibel Crossflowfiltermodule, Gaskontaktoren und Membranfilterkerzen vor dem Füller.
Eiweiss-Gerbstofftrübungen führen zum weissen Bruch.
Eisen-Gerbstofftrübungen führen zum braunen oder schwarzen Bruch.
Ab einem Gehalt von 0.5 mg/l Kupfer bzw. ab einem Gehalt von 4 mg/l Eisen kann es jeweils zu Trübungen kommen.
 

Wie lagere ich PVPP und PVI/PVP?

Gut verschlossen an einem trockenen, kühlen und geruchsneutralen Ort.
Vor Feuchtigkeit schützen.
Tipp: Verpackungen vakumieren oder in einen dichten Behälter umfüllen.

Welches sind die gesetzlichen Grundlagen für die PVPP- und PVI/PVP-Schönung?


Tabelle 2: Zugelassene önologische Stoffe
Punkt 5.16: Polyvinylpolypyrrolidon (PVPP)
E-Nummer und/ oder CAS- Nummer: E 1202/CAS 25249-54-1
OIV-Kodex der önologischen Verfahren (1): Dossier 3.4.9 (1987)
Verweis auf ein Dossier des OIV- Kodex: COEI-1-PVPP
Zusatzstoff: nein
Verarbeitungshilfsstoff/als Verarbeitungshilfsstoff verwendeter Stoff: ja
Bedingungen und Grenzwerte für die Anwendung (3): keine
Kategorien von Weinbauerzeugnissen (4): 1 (Wein), 3 (Likörwein), 4 (Schaumwein), 5 (Qualitätsschaumwein), 6 (aromatischem Qualitätsschaumwein), 7 (Schaumwein mit zugesetzer Kohlensäure), 8 (Perlwein), 9 (Perlwein mit zugesetzter Kohlensäure), 10 (Traubenmost), 15 (Wein aus eingetrockneten Trauben) und 16 (Wein aus überreifen Trauben)
nach OIV max. zulässige Aufwandmenge PVPP: 80 g/hl

Tabelle 2: Zugelassene önologische Stoffe
Punkt 6.12: Polyvinylimidazol- Polyvinylpolypyrrolidon- Copolymere (PVI/PVP)
E-Nummer und/oder CAS- Nummer: CAS 87865-40-5
OIV- Kodex der önologischen Verfahren (1): Dossier 2.1.20 (2014), 3.4.14 (2014)
Verweis auf ein Dossier des OIV- Kodex: COEI-1-PVIPVP
Zusatzstoff: nein
Verarbeitungshilfsstoff/ als Verarbeitungshilfsstoff verwendeter Stoff: ja
Bedingungen und Grenzwerte für die Anwendung (3): Die Behandlung wird in die Register gemäss Artikel 147 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 eingetragen.
Kategorien von Weinbauerzeugnissen (4): 1 (Wein), 3 (Likörwein), 4 (Schaumwein), 5 (Qualitätsschaumwein), 6 (aromatischem Qualitätsschaumwein), 7 (Schaumwein mit zugesetzer Kohlensäure), 8 (Perlwein), 9 (Perlwein mit zugesetzter Kohlensäure), 10 (Traubenmost), 11 (teilweise gegorenem Traubenmost), 15 (Wein aus eingetrockneten Trauben) und 16 (Wein aus überreifen Trauben)
nach OIV max. zulässige Aufwandmenge PVI/PVP: 50 g/hl
 

Gibt es Alternativen zu PVPP und PVI/PVP?

PVPP
Sönderung des Traubengutes.
Der Einsatz von Casein, Gelatine und Eiweisse pflanzlichen Ursprungs sind ergänzende Schönungen.
Mostoxidation
Alternative Mischprodukte, welche die Industrie als Ersatz von PVPP gegen Bittertöne anbietet, sollten sehr genau überprüft werden. Das Marketing solcher Produkte scheint weiter zu sein als die Entwicklungsabteilung.

PVI/PVP
Die Blauschönung zur Schwermetallentfernung ist nicht mehr zu empfehlen.
Die Quellen von Kupfer im Pflanzenschutz wie in der Böckserbekämpfung reduzieren.
Mögliche Eisenquellen: Messingteile und undichte Prodorglastanks.
 

Fragen an die Wissenschaft?

Wirkt PVPP gegen untypische Alterungsnoten (UTA)?
Gilt PVPP und PVI/PVP als Mikroplastik?
Welchen Einfluss hat PVPP und PVI/PVP längerfristig auf die Aromatik eines Weines?
Wie stark migriert PVPP und PVI/PVP in den Most und Wein? (Polymere bauen sich zu Monomeren ab)
 

Literaturquellen:

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  • Technische Information «Divergan F®», BASF, November 2010
  • «Praktikerhandbuch Oenologie», Bernd Weik, Meininger Verlag GmbH, Neustadt/Weinstrasse, 4. Auflage, 2017
  • «Optimierung der Haltbarkeit und Aromastabilität fruchtiger Weissweine», Volker Schneider, Geisenheimer Berichte Band 85, Gesellschaft zur Förderung der Hochschule Geisenheim, Geisenheim, 2017
  • «Mostoxidation unter besonderer Berücksichtigung der Flotation», Önologisches Kompendium No. 3 -III./2002 (http://de.schneider-oenologie.de/wp-content/uploads/2020/03/Komp.Mostoxidation.pdf)
  • «Präzise Bestimmung von Gerbstoffen in Weisswein», Volker Schneider, Das Deutsche Weinmagazin, 15.08.2020 (http://de.schneider-oenologie.de/wp-content/uploads/2020/09/Gerbstoffe-in-Weisswein-Bestimmung-und-Interpretation-DWM-2020.pdf)
  • «Schönung und Stabilisierung», Robert Steidl, Verlag Eugen Ulmer KG, Stuttgart, 2004
  • «Kupfer und Eisen ade, Neue Möglichkeit zur Metallreduktion in Most und Wein», Simon Bachmann, Eaton
  • «Untersuchungen zum Einsatz von PVI/PVP bei Bier und Wein», Dissertation, Martin Schubert
  • Önologische Praxis OIV: https://www.oiv.int/public/medias/7713/en-oiv-code-2021.pdf
  • OIV- Dossier: https://www.oiv.int/public/medias/4267/e-coei-1-pvpp.pdf
  • OIV- Dossier: https://www.oiv.int/public/medias/3273/e-code-ii-2120.pdf


Michael Hänzi, Witterswil, August 2021